Eine Stahlglocke aus dem alten Dechaneihof, der abgerissen wurde. Bisher wurde die Glocke nicht wieder aufgehängt. Freckenhorst- Petrikapelle Dechant Evers: Glockenstreit und Ansätze ökumenischer Gesinnung(aus: Walter Schüller: 1000 Jahre Stift Freckenhorst - und dann? , Freckenhorst( Schriftenreihe des Heimatvereins, Heft 15, August 2002) Mit der Auflösung des Stifts fiel dessen gesamter Besitz zunächst an die preußische Domäne, nur das Eigentum der Pfarrgemeinde blieb unangetastet. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, dass es deshalb mehr als einmal Streit um die Vermögensabgrenzung von Stift und Gemeinde gab. Ein anschauliches Beispiel bietet uns der Streit um die Glocke der Petrikapelle in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts.Durch Kabinettsorder hatte der preußische König Friedrich Wilhelm am 28.12.1835 bestimmt, dass die kleine Glocke, die früher auf dem Dach der Petrikapelle geläutet hatte, dann aber auf das Dach der Dechanei versetzt worden war, der neuen evangelischen Gemeinde in Warendorf ausgehändigt werden sollte.Die Petrikapelle war im Jahre 1826 von Dechant Sammelmann, dem, wie wir gesehen haben, die Schulbildung der Kinder sehr am Herzen lag, für den Unterricht der „Unterklasse“ der Knaben und Mädchenschule zur Verfügung gestellt worden.Bei dieser Gelegenheit war die Glocke, die nun für das „neue“ Schulgebäude nicht mehr benötigt wurde, auf das Dach der Dechanei versetzt worden. Die preußische Behörde betrachtete die Petrikapelle aber als ursprüngliches Eigentum des 1811 aufgelösten Stiftes Freckenhorst, dessen Besitzungen in das Eigentum des Staates übergegangen waren . Aus diesem Grunde sah die Regierung auch die Glocke als Eigentum des Staates an, so dass sie nach ihrer Ansicht darüber verfügen konnte. So forderte sie den Nachfolger des Dechanten Sammelmann Dechant Martin Ewers (1832-39) auf, „dem allerhöchsten Befehl Folge zu leisten , und dem sich meldenden Kirchenvorstande die Glocke verabfolgen zu lassen.“ Konflikte vorausahnend, endete die Verfügung mit den Worten: „Wir können dabei den Wunsch nicht ungeäußert lassen, dass bei der Verabfolgung alles möglichst beseitigt wird, was nur irgendwo Unannehmlichkeiten herbeiführen könnte“. Dechant Ewers seinerseits beharrte darauf , dass die Petrikapelle immer im Besitz der Pfarrgemeinde und nicht des Stiftes gewesen sei, so dass die Regierung kein Recht habe, über die Glocke zu verfügen. Er schaltete die Bischöfliche Behörde ein, die sich allerdings zunächst taktierend zurückhielt und den Dechanten aufforderte, nach Unterlagen zu suchen, die zur Klärung der Rechtslage beitragen könnten. Als am 26.2.1836 der evangelische Kirchenvorstand um einen Termin bat, an dem er die Glocke abholen lassen könne, antwortete Ewers im März in einem Brief, in dem er den Sachverhalt darlegte und zu bedenken bat, „ob unter solchen Umständen die Glocke abgeholt werden soll, wozu übrigens jeder Tag genehm ist“. Der Briefwechsel ging weiter. In einem Brief an den Bischof schrieb Ewers:„… fürchtend die höchst unangenehmen Reibungen unter den Katholischen und Evangelischen Brüdern, die so leicht durch die Fortnahme der Glocke entstehen können, so will ich gerne aus Liebe zum Frieden zur Anschaffung einer anderen Glocke auf der Evangelischen Kirche zu Warendorf aus meinen eigenen Mitteln einen kleinen Beitrag geben, doch mit dem Bedinge, dass man nicht ferner die Glocke auf meinem Pfarrhause in Anspruch nehmen wolle.“ Der Bischof regte an, dass sich Evers mit diesem Vorschlag an die Regierung wenden solle. Im übrigen möge er weiter die Sache berichten. Alle diese Eingaben und Briefe hatten schließlich den Erfolg, dass die Regierung am 24.4.1838 verfügte, „dass von einem ferneren fiscalischen Anspruche an die Glocke … Abstand genommen werde.“ Damit solle die „Allerhöchsten Bestimmung in der Cabinetts-Ordre vom 28.12.1835 …auf sich beruhen“ bleiben. Obwohl wir nicht wissen, wo diese Glocke geblieben ist, ist doch zu vermuten, dass die evangelische Gemeinde in Warendorf am Ende einen andere Glocke bekommen hat. Herauszustellen bleibt, dass Dechant Evers, dem nur wenige Amtsjahre vergönnt waren, sich in einem Alltagsstreit friedfertig, tolerant und aus ökumenischer Gesinnung handelnd zeigte. | |